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Erfahrungsbericht Umeå 2010/2011

 

Name: Christiane Müller
Studiengang: Skandinavistik/Kommunikationswissenschaften
Heimatuniversität: Universität Greifswald
Gastuniversität: Universität Umeå
Aufenthaltszeitraum: Wintersemester 2010/Sommersemester 2011

 

Erfahrungsbericht zum Studium an der Universität Umeå (Schweden)

August 2010-Juli 2011

 

Meine Entscheidung, für ein Jahr zum Studium nach Umeå in Nordschweden zu gehen, stieß bei Verwandten und Freunden zunächst nur auf Unverständnis. Warum sollte man freiwillig in eine Stadt ziehen, in der im Winter sechs Monate lang Schnee liegt, und in der es im Dezember nur noch drei Stunden Tageslicht gibt?

 

Im Nachhinein bereue ich nicht eine Minute dieses Jahres, und der Aufenthalt war auch die aufwändige Vorbereitung und Planung zu Beginn wert. Zwar stellte die Bewerbung selbst bei der Universität Umeå keine große Hürde dar (im Wesentlichen bekam ich alle wichtigen Formulare zugeschickt und musste diese nur noch ausfüllen), aber die Wahl meiner Kurse gestaltete sich doch etwas schwieriger. Über die Homepage der Uni konnte man das gesamte Kursangebot durchsuchen, allerdings musste ich nach ein paar Mails mit dem Auslandsamt in Umeå enttäuscht feststellen, dass viele der Kurse, die für mich in Frage kamen, gar nicht mehr angeboten wurden oder z.B. aufgrund zu geringer Teilnehmerzahlen gestrichen worden waren. Darüber hinaus gilt es, sich erst in die schwedische Organisation des Studiums hineinzufinden: Hier werden alle Kurse blockweise hintereinander absolviert; das heißt, man hat für ein paar Wochen immer nur eine oder zwei Veranstaltungen gleichzeitig laufen, bevor dann wieder ein neuer Kurs beginnt. Bei der Zusammenstellung des Stundenplanes kann ich empfehlen, nicht zu viele Kurse im gleichen Zeitraum zu belegen, da man sonst schnell mit 300% Studienintensität auf einmal überfordert ist.

 

Die Anreise erfolgt wohl am einfachsten per Flugzeug über Stockholm (z.B. mit AirBerlin und SAS/Norwegian Airlines) oder mit AirBaltic über Riga. Ich selber hatte mich auf dem Hinweg dafür entschieden, den Landweg zu nehmen und bin per Fähre/Nachtzug/ Überlandbus die ganze Strecke in nicht weniger als 36 Stunden bis nach Umeå gefahren. Auf diese Weise musste ich mein Gepäck in Gewicht und Ausmaß nicht durch die Vorschriften von Fluggesellschaften einschränken lassen und konnte zudem gleich einmal das ganze Land von Süden nach Norden kennenlernen. Angesichts dieser zugegeben sehr strapaziösen Art der Anreise würde ich heute allerdings vielleicht doch den Flieger vorziehen.

 

Als Unterkunft bietet die Uni Umeå eine Auswahl von Räumen in Studentenkorridoren an. Diese befinden sich im Wesentlichen in drei Wohngebieten: Ålidhem, Mariehem und Nydalahöjd. Ich empfehle sehr ein Zimmer in Ålidhem, wo auch ich selber gewohnt habe, da man dort sowohl zur Uni als auch zur Innenstadt als auch zu den meisten anderen Studenten die kürzeste Entfernung hat. Wohnen in Mariehem oder Nydalahöjd bietet allerdings den Vorteil, dass man in Steinwurflänge vom wunderschönen Nydalasee entfernt lebt. Ich habe meinen Korridor und die Küche mit ca. zwölf anderen Studenten, die in der Mehrheit ebenfalls internationaler Herkunft waren, geteilt – was nicht immer einfach war, aber in jedem Fall eine interessante Erfahrung. Meinen Sprachkenntnissen zuliebe hätte ich mich allerdings doch über ein paar mehr schwedische Mitbewohner gefreut.

 

Beim Einleben in Umeå war mir das „Buddy Programme“ von sehr großer Hilfe. Wenn man sich hierfür anmeldet, wird man in eine Gruppe mit vielen anderen Austauschstudenten und mehreren schwedischen „Buddies“ sortiert. Diese organisieren dann zahlreiche verschiedene Aktivitäten für die Gruppe, durch die man schwedische Kultur und Bräuche kennen lernt oder Freunde finden kann. Wie man schon nach kurzer Zeit in Umeå feststellen wird, ist die große Mehrheit der Austauschstudenten dort aus Deutschland, sodass ich in meinem Freundeskreis letztlich nicht so oft fremde Sprachen gesprochen habe wie erwartet. Mit ein wenig Eigeninitiative kann man im Laufe der Zeit aber durchaus sowohl sein Englisch als auch sein Schwedisch merklich verbessern. Gerade durch das Buddy Programme habe ich auch einige schwedische Freunde gefunden, mit denen ich oft Gespräche führen konnte und so meine Sprachkenntnisse weit ausbauen konnte.

 

Ein paar Hintergrundinformationen zu Umeå: Die Stadt hat knapp 80.000 Einwohner und ist damit fast doppelt so groß wie Greifswald. Der hohe Studentenanteil und die Bedeutung der Universität machen sich aber trotzdem deutlich bemerkbar. Zur Fortbewegung eignet sich am besten das Fahrrad (und irgendwann gewöhnt man sich auch daran, dieses noch bei meterhohem Schnee zu benutzen). Davon abgesehen ist auch das Busnetz recht gut ausgebaut. Bereits jetzt macht Umeå mit zahlreichen Aktionen und Veranstaltungen darauf aufmerksam, dass es zusammen mit Riga zur Europäischen Kulturhauptstadt 2014 ausgewählt wurde.

 

Wer für ein oder zwei Semester nach Schweden geht, sollte sich auf deutlich höhere Preise und Lebenshaltungskosten als in Deutschland einstellen. Um den Aufwand zu vermeiden, nach meiner Ankunft gleich ein schwedisches Konto eröffnen zu müssen und dieses in den letzten Tages wieder aufzulösen, hatte ich mir bereits in Deutschland ein Konto bei der SEB (heute: Santander) einrichten lassen. Da es sich hierbei um eine schwedische Bank handelte, konnte ich mit meiner ec-Karte schließlich gebührenlos in Schweden bezahlen oder Geld abheben.

 

Das Studium in Schweden unterscheidet sich in einigen Punkten wesentlich vom deutschen System und war daher eine interessante Erfahrung. Zum Einen werden, wie bereits angesprochen, alle Kurse in Blöcken hintereinander absolviert. Zum Anderen ist der Unterricht in Schweden wesentlich praktischer orientiert als der in Deutschland. In den meisten meiner Kurse wurden regelmäßig Gastvorlesungen, Exkursionen oder „Studienbesuche“ zu potentiellen Arbeitsplätzen angeboten. Zudem hat man weitaus weniger Kontaktzeit als bei deutschen Lehrveranstaltungen; stattdessen wird das meiste Wissen im Selbststudium oder in Gruppen erarbeitet. Dies erfordert zwar mehr Motivation und Eigeninitiative, aber meinem Eindruck zufolge ist der Lernerfolg bei diesem System weitaus größer und lang anhaltender als beim Studium in Deutschland. Insgesamt habe ich rein zeitlich in Schweden weniger Zeit in mein Studium investiert als in Greifswald, meine aber trotzdem in der gleichen Zeit mehr dazu gelernt zu haben. Schwierigkeiten bekam ich lediglich am Ende meines Aufenthalts, als sich die schwedischen Institute zum Teil schwer taten oder sich weigerten, mir ein Zeugnis mit einer umrechenbaren Note nach ECTS-Skala auszustellen.

 

Was die Umgebung betrifft, kann ich Schweden und speziell Umeå wärmstens empfehlen. Die Natur in und um Umeå ist wunderschön und absolut sehenswert; vor allem am nahe gelegenen Nydalasee kann man jederzeit Radtouren machen, baden, grillen, oder im Winter darüber spazieren. Zudem werden das ganze Jahr über zahlreiche Reisen und Ausflüge angeboten (u.a. nach Lappland, St. Petersburg und Riga), sowie eine Menge ungewöhnliche Sportarten und Aktivitäten, die ich sonst wohl nie in meinem Leben kennengelernt hätte. In diesem einen Jahr habe ich beispielsweise angeln gelernt, war Schneemobil fahren, Kanu paddeln, beim White Water Rafting und habe mehrere Schneeschuhwanderungen gemacht. Eine weitere Attraktivität Nordkskandinaviens: Im Winter kann man mit ein wenig Glück Polarlichter in Umeå sehen! Zweifellos eines der faszinierendsten Phänomene, das ich je erlebt habe. Wem es vor dem dunklen und kalten Winter bangt, kann ich beruhigen: Wie die meisten anderen dort auch habe ich den schwedischen Winter als sehr aufregend und wunderschön empfunden. Die großen Schneemengen lassen alles viel weniger dunkel aussehen, und nicht zuletzt hat man hier zuverlässig Chancen auf Skifahren, Rodeln und Schneeballschlachten. Der Frühling im Mai, wenn dann die letzten Schneehügel wegtauen, wird dafür als umso intensiver empfunden.

 

Auch kulturell hat Umeå nach meiner Einschätzung einiges zu bieten. Über das Jahr verteilt finden mehrere Musikfestivals in der Stadt statt, und ich habe während der Zeit mehrmals sehr gute Gratis-Konzerte erleben dürfen. Im zweiten Semester entschied ich mich außerdem dafür, im „Nationskör“ (ein großer Studentenchor an der Uni) mitzusingen – was mir nicht nur viel Spaß brachte, sondern wodurch ich auch viele typische schwedische Lieder singen lernte.

 

Mein Fazit über dieses Jahr ist eindeutig: Alle Zweifel und Bedenken von Verwandten und Freunden im Vorfeld waren völlig unnötig. Auch wenn die ersten Tage und Wochen in einem fremden Land sicher immer eine Herausforderung darstellen und einige schwierige Momente mit sich bringen, habe ich letztlich nicht eine Sekunde davon bereut. Das Auslandsjahr allgemein war eine ungemein wertvolle und tolle Erfahrung, und speziell Nordschweden ist eine Region, in die man sich absolut verlieben kann, und in der man die Chance auf eine Menge Abenteuer hat, die es in keinem anderen Land gäbe. Gerade hier lohnt es sich, ein ganzes Jahr dazubleiben. Selbst diese Zeit wird einem am Ende viel zu kurz erscheinen. Dies auch – unerwarteterweise – die letztlich größte Schwierigkeit des ganzen ERASMUS-Jahres: Das Zurückkehren nach Deutschland und in die alte Umgebung, nachdem man ein Jahr lang buchstäblich eine außergewöhnliche und extreme Erfahrung nach der anderen hatte. Viele meiner Freunde aus Umeå und auch ich selber hatten Probleme, uns in Deutschland anschließend wieder einzuleben. Dies ein Hinweis, den ich gerne erwähnen möchte, weil er sonst fast nie in ERASMUS-Berichten auftaucht und daher vermutlich oft übersehen wird. Dies soll aber keinesfalls als Hürde für ein geplantes Auslandsjahr gedeutet werden, denn am Ende bleibt auf jeden Fall ein dankbares Gefühl für die wohl tollste und aufregendste Zeit im ganzen Studium! Für Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.

 

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