studiereninschweden.de © 2010 • Impressum
studiereninschweden.de

 

Willkommen auf

StudiereninSchweden.de

Hier findest du nützliche Infos zu einem Auslandssemester oder Auslandspraktikum in Schweden.

 


Erfahrungsbericht Lund 2008

 

Name: Matthias Schuchardt
Studiengang: Mathematik
Heimatuniversität: Universität Rostock
Gastuniversität: Universität Lund
Aufenhaltszeitraum: Frühjahrsemester 2008

 

Mein Name ist Matthias Schuchardt und ich habe dank des ERASMUS-Programmes das Frühlingssemester 2008 an der Universität Lund verbracht. In dem folgenden Bericht möchte ich meine Erfahrungen mit zukünftigen Austauschstudenten teilen und Tips geben, die beim Austausch und seiner Vorbereitung hilfreich sein können. Für Fragen bin ich unter matthias.schuchardt.hro (at) googlemail.com erreichbar.

 

1 Vorbereitungen

 

Wie bei den meisten Auslandsaufenthalten gilt: Je früher man anfängt zu organisieren, desto stressfreier wird alles. An meiner Heimatuniversität Rostock habe ich mich deshalb kurz nach Studienbeginn auf die Warteliste für den ERASMUS-Austausch nach Lund setzen lassen. Da zwei Studenten vor mir abgesprungen sind, konnte ich ein Semester nach meinem Vordiplom die Reise antreten. Spätestens ein halbes Jahr vor Beginn des Auslandssemesters sollte man sich direkt an der Universität Lund bewerben und eine vorläufige Wunschliste an Kursen angeben. Sowohl das Bewerbungsformular als auch die Kurslisten sind im Internet zu finden. Es ist sinnvoll, die vorläufige Studienbescheinigung und die Kursliste des akademischen Auslandsamtes zur Unterschrift und Zurücksendung mitzuschicken. Nach der Annahme, die durch den ERASMUS-Vertrag der Universitäten gesichert ist, kann man dann das Online-Formular für die Pre-Registration ausfüllen, um sich für einen Wohnheimplatz, kostenlose Sprachprogramme und das Mentor-Programm zu bewerben. Da Schweden trotzt EU-Mitgliedschaft (noch) nicht den Euro eingeführt hat, ist es sinnvoll, ein Konto bei der SEB in Deutschland zu eröffnen, um kostenlos Geld abheben zu können. Man kann in den schwedischen Filialen allerdings weder seinen Kontostand einsehen, noch Überweisungen tätigen. Daher bietet sich Online-Banking an. Wer in Lund ein schwedisches Konto eröffnen will, braucht ein Empfehlungsschreiben seiner Heimbank, dass man langjähriger und guter Kunde ist. Aufgrund einiger Ausgaben während der Anreise und am Ankunftstag ist es zu empfehlen circa 500 SEK mitzunehmen und griffbereit zu halten.

 

2 Reise

 

Für die Fahrt von Rostock nach Lund bietet sich die Fähre an. Aufgrund des Studentenrabattes der TT-Line fährt man von Rostock nach Trelleborg für 15 e. Vom Fähranleger aus sind es zehn Minuten Fußweg bis Trelleborg Övre. Von dort fahren Busse bis zum Lunder Bahnhof. Man kann beim Busfahrer für 200 SEK eine Rabattkarte erstehen. Sie gilt für den kompletten Nah- und Regionalverkehr in Skåne, erleichtert den Zahlvorgang, ist nicht personengebunden und gewährt einen Rabatt von 10%. Dabei sind die 200 Kronen komplett Guthaben und man erhält beim Zurückgeben der Karte den Restbetrag wieder. Wer sich für den Fährweg ohne Auto entscheidet landet also bei circa 20Euro für die Anreise. Alternativ kann man auch mit Zug oder Auto über Dänemark und die Öresundbrücke fahren. Für die ganz Eiligen geht auch ein Flieger von Laage nach Malmö.

 

3 Wohnen

 

Die Suche nach einer Unterkunft in Lund kann sich schwierig gestalten, da der Wohnungsmarkt in Lund ziemlich überlaufen ist. Es kursiert die Anekdote, dass Austauschstudenten die ersten Wochen im Zelt verbringen mussten. Vor einigen Jahren wurde eine ehemalige Heilanstalt für geistig Kranke in ein Studentenheim umgewandelt, um der Nachfrage gerecht zu werden. Auch, wenn Bauprojekte mittlerweile die Spannungen dämpfen, sollte man sich trotztdem rechtzeitig um einen Platz bemühen. Für Austauschstudenten gibt es das International Housing Office. Das ist eine Vermittlungsagentur für Wohnungen, die ausländischen Studenten ein bestimmtes Kontingent an Wohnheimplätzen zur Verfügung stellt. Für eine Vermittlungsgebühr von 600 SEK kommt man so relativ stressfrei an einen Wohnheimplatz. Man erfährt allerdings erst am Ankunftstag, welchen Platz man bekommt. Das kann bei den relativ hohen Mietpreisen  zu unangenehmen Überraschungen führen. In den letzten Jahren wurden Betrugsfälle des IHO aufgedeckt. Die geforderten Mieten lagen teilweise deutlich über den üblichen. Es kam zu Rückforderungen von bis zu 5000 SEK. Zu dem Zeitpunkt meiner Abreise hatten zwei Studenten die Verfahren bereits gewonnen. Aufgrund der großen Anzahl an Klagen vereinfachte das IHO das Rückforderungsverfahren zu einem schriftlichen Einigungsantrag. Die Alternative zum IHO ist die Website bopoolen.se . Dort findet man Inserate verschiedenster privater Wohnungsanbieter zu teilweise sehr günstigen Preisen. Man kann sich auch bei der Wohnungsgesellschaft AF-borgen auf die Warteliste setzen, diese beträgt aber für Studentenwohnheime etwa ein Jahr. Allerdings hat AF-borgen ein Kontingent für neue Austauschstudenten. Auch hier gilt wieder: früh kümmern.

 

4 Ankunft

 

Die Ankunft der Austauschstudenten konzentriert sich auf den im Netz ausgeschriebenen, hervorragend organisierten Arrival day. Die Austauschstudenten werden an diesem Tag mit Shuttlebussen vom Bahnhof abgeholt, ihren Mentoren zugewiesen und können Bücher für die kostenlosen Schwedischkurse kaufen. Wer eine Wohnung über das IHO (International Housing Office) bezieht, bekommt dort seine Schlüssel, und Informationen zum jeweiligen Studentenwohnheim. Schließlich werden die Austauschstudenten mit den Shuttlebussen zu ihren Studentenwohnheimen gefahren. Es ist ungünstig, später anzureisen, da in den ersten beiden Wochen nicht nur die Schwedischkurse stattfinden, sondern man auch noch einige andere Dinge zu erledigen hat. Dazu zählt das Übersenden von Unterlagen an Behörden der Heimatstadt, wie zum Beispiel der Mietvertrag und die endgültige Studienbescheinigung an das Bafög-Amt und das Learning Agreement und die Ankunftsbestätigung an das akademische Auslandsamt. Außerdem sollte die Adressänderung allen notwendigen Stellen mitgeteilt werden. Wichtig ist auch ein Anruf an die Verwandschaft über das gute Ankommen :o).  In den zwei Wochen vor Vorlesungsbeginn hat man auch Zeit, sich um ein Fahrrad zu kümmern. Die Anschaffung ist sehr empfehlenswert, da einerseits die Busse trotz  Rabattkarte relativ teuer sind und andererseits Lund für Fahrräder hervorragend ausgebaut ist. Zweispurige Fahrradbahnen mit Fußgängerstreifen unterführen viele große Straßen und sorgen so für einen flüssigen Fahrradverkehr. Gegenüber der Allhelgoland-Kirche gibt es einen Fahrradladen, der dort gekaufte Fahrräder zum halben Preis nach einem Semester zurückkauft. In der Nähe des Bahnhofs können Studenten ein stark begrenztes Kontingent an Fahrrädern für ein Semester ausleihen. Bei Interesse sollte man sich frühzeitig nach den Einschreibungen für die weiterführenden Schwedischkurse erkundigen. Die werden einmal von der Universität und einmal von der Volkshochschule angeboten. Erstere sind dabei eher zu empfehlen, da sie günstiger sind, länger dauern und als Hochschulpunkte angerechnet werden können.

 

5 Universitätsleben

 

Das Klima an der mathematischen Fakultät in Lund war wesentlich offener und entspannter als in Rostock. Das lag hauptsächlich an der beinahe familiären Beziehung zwischen Studenten und Professoren. Sämtliche Lehrkräfte an der Uni wurden geduzt und mit Vornamen angesprochen. Bei Fragen oder Problemen haben sämtliche meiner Professoren private Zeit zur Verfügung gestellt. Eine Anekdote, die die flache Hierarchie verdeutlicht, wurde mir von einem deutschen Professor an der Lunder Universität erzählt. Ein Student, der eine Vorlesung des Professors versäumt hatte, rief diesen kurz nach Ende der Vorlesung an, um sich über die verpassten Inhalte zu informieren! Einen weiteren Beitrag zu der angenehmen Lernatmosphäre leistete die geringe Semesterwochenstundenzahl. Im Gegensatz zu den im deutschen Grundstudium üblichen 20 SWS kommt man in Schweden mit ungefähr 10 SWS auf die benötigten 30 Hochschulpunkte. Die Vorlesungen, die ich besuchte, wurden alle auf englisch gehalten. Nach geltender Hochschulpolitik muss eine Vorlesung auf englisch gehalten werden, sobald nur ein einziger Student zuhört, der kein schwedisch spricht.

 

6 Freizeit

 

Einen großen Einfluss auf das Studentenleben außerhalb der Universität haben die sogenannten Nations. Das sind Studentenvereinigungen, die nach den Regionen oder großen Städten Schwedens benannt sind. Sie bieten Mittagessen, Dinner (Sittnings), Clubs, Cafés und am Wochenende auch Frühstück an. Außerdem bieten sie für Studenten kostenlose Hallenzeiten für verschiedene Sportarten an, wobei ein Schwerpunkt auf Unihoc und Fußball liegt. Ein weiterer Vorteil die Festlichkeiten betreffend: Die Nations schenken steuerlich vergünstigt Alkohol aus. Die Mitgliedschaft ist verpflichtend, da man seinen Semesterbeitrag nicht direkt an die Uni, sondern an die Nations zahlt. Ist man einer Nation beigetreten, bekommt man eine Mitgliedskarte, die einem Zutritt zu allen verschafft. Für Austauschstudenten ist es daher relativ belanglos, welcher Nation man beitritt. Bis auf eine sind die Nations unpolitisch, haben aber oft eine bevorzugte Musikrichtung in ihren Clubs. Daher ist es sinnvoll, sich daran zuorientieren. Außerhalb der Nations gibt es meines Wissens nach nur einen Nachtclub und mehrere Cafés und Bars. Außerdem findet sich in der Nähe von Östra Torn eine Kletterhalle, im Stadtpark eine Schwimmhalle mit Freibad und im Süden Lunds eine Eishalle. Empfehlenswert ist, von Zeit zu Zeit einen Blick auf den Veranstaltungsplan der Kulturmejeri5 zu werfen. Dort finden Konzerte von namhaften Künstlern aus Jazz, Rock, Salsa, Hip Hop und anderen Musikrichtungen statt. Einmal im Monat gibt es dort eine Jamsession mit hervorragenden Jazzern aus ganz Schweden. Für musikalisch Aktive gibt es das Palaestra och Odeum. Dieses Gebäude, das eigentlich als Überaum für die akademische Kapelle dient, kann auch kostenlos von anderen Studenten genutzt werden. Gegen eine Unterschrift, dass man alles ordentlich hinterlässt erhält man eine Magnetkarte, mit der tagsüber und abends bis elf Uhr in das Gebäude kommt. Es stehen drei Klaviere zum Üben zur Verfügung und man kann sich auch kostenlos Noten ausleihen.

 

7 Reisen

 

Für Rostocker Studenten, die die mecklenburgische Landschaft kennen, bedarf das skånische Flachland keiner großen Umgewöhnung. Sehr reizvoll sind die größeren Städte in der Nähe. Kopenhagen ist leicht und günstig mit dem Zug zu erreichen und unbedingt einen Besuch wert. Auch Göteborg hat Kurzbesuchern viel zu bieten. Auf dem Weg nach Göteborg lohnt ein Besuch der Westküste, an der sich beeindruckende Klippen und verschiedene Höhlen befinden. Eher in der Nähe lockt der Strand von Loma mit einem Besuch. Und für Nachtschwärmer gibt es noch die Nachbarstadt Malmö, die mit verschiedensten Clubs und Veranstaltungen aller Art aufwartet. Da es von dieser zweitgrößten Stadt Schwedens ausgezeichnete Busverbindungen nach Lund gibt, kann man abends dort auch gut weggehen.

 

8 Resümee

 

Das Semester in Lund war eine großartige Erfahrung für mich. Gerade der erste Monat verging wie im Flug aufgrund der vielen neuen Eindrücke, Menschen und Begrüßungsparties :o). Die Kommunikation ist kaum ein Problem, da die Schweden durch alle Generationen hinweg ein sehr gutes Englisch sprechen. Es gibt auch Austauschstudenten, die ohne jegliche Schwedischkenntnisse nach Lund fahren, nur um ihr Englisch zu verbessern. Was mir sehr gefallen hat, war die Mentalität der Schweden. Der ruhige und freundliche Umgang miteinander und die klaglose Art, Probleme anzugehen, schaffen eine positive Atmosphäre sowohl auf der Universität, als auch in der Freizeit. Das halbe Jahr in Schweden hat mich nicht nur mathematisch, sondern vor allem auch persönlich bereichert und ich freue mich schon darauf, das kommende Herbstsemester außerhalb des ERAMUS-Programmes an der Universität Lund anzutreten.

 

zur Hauptseite - Erfahrungsberichte