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Hier findest du nützliche Infos zu einem Auslandssemester oder Auslandspraktikum in Schweden.

 


Erfahrungsberichte, Uppsala

Erfahrungsbericht über mein Auslandssemester im Rahmen des Erasmus Mobilitätsstipendiums in Uppsala / Schweden im WS 2005/2006

 

Name:

H. Gamper

Studienfach: Jura / Rechtswissenschaften
Gasthochschule: Universität Uppsala
Heimathochschule: Universität Heidelberg
Aufenthaltszeitraum: Wintersemester 2005/2006

 

Während des Wintersemesters 2005 / 2006 habe ich an der ältesten Universität Skandinaviens, in Uppsala studiert. Über meine Eindrücke mit positiven aber auch negativen Aspekten (damit sie in Zukunft vermieden werden können) möchte ich im folgenden berichten.

 

Anreise

 

Der billigste Weg um nach Schweden zu kommen ist wohl mit „Ryanair“ zu fliegen. Dabei sollte man bedenken, dass die Fahrt vom Flughafen Skavsta nach Stockholm ca 14 € kostet und von Stockholm nach Uppsala noch mal 50 Kronen (ca 5,50 €). Die Fluglinien HLX und Germanwings wären eine überlegenswerte Alternative, aber auch „Flynordic“ bietet Flüge von Deutschland nach Stockholm an. Andere Möglichkeiten (eigenes Auto, Bahn und Bus) stehen ebenfalls zur Auswahl.

 

Motivation

 

Meine Motivationen ausgerechnet nach Schweden zu gehen waren vielfältig. Zum einen das Interesse an einem Land, dass ich bisher nur aus Astrid Lindgren Büchern kannte. Zum anderen die Möglichkeit hauptsächlich auf Englisch zu studieren und trotzdem noch eine weitere Sprache zu erlernen, auch wenn Schwedisch nicht gerade zu den Weltsprachen gehört. Und nicht zuletzt das interessante Kursangebot der Universität.

 

Studium

 

Das Kurssystem in Uppsala unterscheidet sich grundlegend von dem in Heidelberg. Die Veranstaltungen dauern nicht ein ganzes Semester, sondern einen oder zwei Monate. Das Semester ist in Studienblöcke aufgeteilt und man besucht die Veranstaltungen des Semesters nacheinander. Innerhalb eines Studienblocks werden entweder mehrere kurze Essays oder eine Klausur geschrieben um einen Leistungsnachweis zu erhalten. Ich habe in der ersten Hälfte des Semesters „European law and procedure“ und in der zweiten Hälfte „The modern law of Russia with spezial emphasis on civil and commercial law“ belegt. In beiden Kursen wurde am Ende eine fünfstündige Klausur geschrieben. Die Kurse bestanden aus einigen Vorlesungen und Seminaren zu denen man Aufgaben (Fälle oder Fragen) vorbereiten musste. Nach intensiver Lektüre zu Hause haben wir uns in einer Arbeitsgruppe (tutorial group) getroffen, in die wir anfangs vom Prof. eingeteilt wurden, um die Probleme gemeinsam zu disskutieren. Ich empfand dieses System als angenehmer, da man sich mit einer Materie intensiver beschäftigt und dadurch einen tieferen Einblick in das jeweilige Rechtsgebiet gewinnt, als wenn man mehrere Vorlesungen nebeneinander besucht. Meiner Erfahrung nach bietet eine Einführung in ein fremdes Rechtsgebiet, sei es in das schwedische oder wie ich gewählt hatte in das russische keine tiefen Kenntnisse, sondern lediglich einen Überblick mit partieller Beleuchtung einiger Eigenheiten des jeweiligen Rechtsgebietes. Dagegen war der erste Kurs (Europarecht und Europaprozessrecht) eine Bereicherung, denn so hatten die Studenten die Gelegenheit Fälle des europäischen Gerichtshofs (ECJ) zu bearbeiten und besprechen. Teilweise war dieser Kurs zwar anspruchsvoll, aber meiner Ansicht nach sehr empfehlenswert. Ob man sich die Kurse in Heidelberg anrechnen lassen kann, weiß ich leider nicht, da ich vor der Abreise nach Schweden scheinfrei war.

 

Wohnen

 

Die Universität Uppsala senden wenige Monate vor Semesterbeginn ein Formular zu, dieses sollte man innerhalb der angegebenen Frist zurücksenden und bekommt meistens auch das gewünschte Zimmer in einem Studentenwohnheim. Es gibt mehrere Möglichkeiten. Die besten Zimmer (eigene Dusche und WC) sind in Flogsta, dieses Studentenwohnheimviertel liegt jedoch außerhalb der Stadt. Ich habe in Rackarberget gewohnt. Das liegt zentral, man hat jedoch nur eine Dusche auf dem Flur, die man mit seinen mehr oder weniger sauberen Mitbewohnern teilen muss. Alle Zimmer sind mit einem Bett, Schrank, Sessel, Bücherregal, Schreibtisch, Schreibtischlampe, Stehlampe und Internet-Anschluss ausgestattet. Die Benutzung der Waschmaschinen im Waschraum ist kostenfrei. Jede Küche hat einen Herd, Kühlschrank, Gefrierschrank, Mikrowelle. Geschirr kann oft von den Mitbewohnern mitbenutzt werden. Auf meinem Korridor hab ich als einzige Nicht-Schwedin mit 6 Schweden zusammengelebt und dadurch ist mir auch der Anschluss sehr leicht gefallen und auch schwedische Eigenheiten sowie Vokabeln, die man im Sprachkurs eher nicht lernt sind mir sehr schnell beigebracht worden ;-).

 

Stadt und Freizeit

 

Uppsala ist zwar die viertgrößte Stadt Schwedens, aber nach deutschen Verhältnissen eher klein und beschaulich. Das studentische Leben prägt die Atmosphäre, denn die Einrichtungen der Universität sind in der ganzen Stadt verteilt. Eine Besonderheit in Uppsala sind die Nationen. Nationen sind Zusammenschlüsse von Studenten. Diese Zusammenschlüsse wurden im 17. Jahrhundert gegründet um den Studenten, die aus der gleichen Region Schwedens kamen einen Treffpunkt und Sammelort zu bieten. Heute gibt es in Uppsala 13 Nationen, die jeweils unterschiedliche Schwerpunkte und Aktivitäten (Chor, Party-Nation, Photo-Club..) haben. Jede Nation hat ihr eigenes Gebäude und bieten meist ein Mittagessen oder Frühstück an. Jeder Student muss Mitglied einer Nation sein und auch den Semesterbeitrag an diese entrichten. Nur so erhält man von seiner jeweiligen Nation seinen Studentenausweis, der nicht nur für den abendlichen Einlass zu diversen Veranstaltungen in den Nationen unerlässlich ist, sondern ohne den man auch zu einer Klausur an der Uni nicht antreten darf. Ich habe mich für die „Norrlands-Nation“ entschieden, weil ich mich dort wohl gefühlt habe und das Frühstück im „Majs café“ einfach toll ist. Außerdem konnte ich im Pub („Orvars Krog“) jobben und so eine Menge Leute kennen lernen. Außerhalb des Studentenlebens bietet Uppsala einige Sehenswürdigkeiten wie den Dom, das Schloss und die Wikingergräber in Gamla Uppsala. Auch Kulturveranstaltungen wie die „Kulturnacht“, das „Kurzfilmfestival“ oder Konzerte in der Aula der Universität sollte man auf jeden Fall besucht haben. Stockholm ist in etwa 45 Minuten Zugfahrt zu erreichen. Am billigsten kommt man nach Stockholm mit dem Bus („Swebus“). Mit der kostenlosen aufladbaren Karte kostet eine Fahrt nach Stockholm dann nur noch 38 Kronen (ca 4,2 €). Im Sommer kann man auf dem nahen Mälarensee Kanu fahren oder die schwedischen Wälder zu Fuß erkunden und im Winter ist es nicht weit bis zum nächsten Langlaufski-Verleih.

 

Sprachkurs

 

Da ich leider nicht am Intensivkurs vor Beginn des Semesters teilnehmen konnte, hatte ich die Möglichkeit am Institut für Nordische Sprachen der Universität Uppsala einen Basic-Schwedisch Kurs zu machen. Das Tempo des Kurses richtet sich nach der Motivation und den Forschritten der Teilnehmer. Inhalt des Kurses sind neben dem Grundwortschatz und der Grammatik auch Teile der Landeskultur, Volkslieder, Kochrezepte. Der Kurs wurde mit einer Klausur abgeschlossen. Leider habe ich meine Schwedisch-Kenntnisse selten anwenden können, da im Alltag meist doch auf Englisch gesprochen wurde, weil nahezu alle Schweden fast perfekt englisch sprechen.

 

Betreuung

 

Die Betreuung durch die Universität ließ eigentlich keine Wünsche offen. Schon etwa einen Monat vor meiner Ankunft hatte ich die Adresse meines Wohnheims. In der letzten Augustwoche veranstaltete die Universität eine „International Week“, während der sich die Nationen vorstellten und Ausflüge, Stadtführungen und Parties organisiert wurden. In dieser Woche kann man wunderbar die anderen Erasmus-Studenten kennen lernen, sich für eine Nation entscheiden und ein von einer Nation organisiertes „Casque“ (formelles Dinner) miterleben.

 

Kosten

 

Ich kann nicht leugnen, dass die Lebenshaltungskosten in Schweden höher sind als in Deutschland, aber es ist längst nicht so schlimm wie oft dargestellt. Preiswerte Einkaufsmöglichkeiten sind die deutschen Ketten „Lidl“ und „Netto“, ich hab jedoch meistens aus Bequemlichkeit doch im etwas teureren „ICA“ nebenan eingekauft. Milchprodukte gibt es in größerer Auswahl und besserer Qualität als in Deutschland. Anders sieht es natürlich beim Alkohol aus, den es nur in speziellen Läden („System-Bolaget“) gibt. Kleidung kostet trotz höherer Mehrwertsteuer etwas genau so viel wie in Deutschland, Bücher (vor allem Kursliteratur) sind demgegenüber teuerer als in Deutschland.

 

Tipps

 

Gleich am Anfang ist es ratsam sich ein gebrauchtes Fahrrad zu kaufen. Ein solches findet man bereits für weniger als 500 Kronen (ca 55 €). Man sollte berücksichtigen, dass man etwas Geld für Ausflüge und Besichtigungen zur Seite legen sollte. Empfehlenswerte Trips sind Helsinki in Finnland (als last minute Angebot für unter 10 € mit der Fähre von Stockholm aus), die Region um den Siljan-See, Göteborg, der Mälarensee, Schloss Gripsholm und viele mehr. Auch eine größerer Reise nach Kiruna (im Winter ein einmaliges Erlebnis!) lohnt sich auf jeden Fall. Die Sprachbarriere macht es schwer einen lukrativen Nebenjob zu bekommen, eine gute Möglichkeit ist es allerdings, bei einer Nation zu arbeiten. Dort verdient man zwar höchsten 4 € pro Stunde, aber es macht Spaß und man lernt viele Leute kennen. Es ist ratsam einen eigenen Computer mitzunehmen, denn in jedem Zimmer gibt es einen im Mietpreis enthaltenen Internetzugang. Ein Semester in Uppsala zu verbringen kann ich nur weiterempfehlen! Für mich war es mit Sicherheit das interessanteste und erfahrungsreichste Studiensemester. Auch wenn Schweden teuer, die Winter kalt und die Einwohner eher zurückhaltend sind, war ich in jeder Hinsicht begeistert. Das Studiensystem zu erleben gibt einem die Möglichkeiten Vor- und Nachteile gegenüber dem bekannten deutschen System kennenzulernen. Abgesehen von Studium und Sprachkenntnissen waren besonders die kleinen aber wichtigen kulturellen Unterschiede sehr bereichernd. Auch das Land selbst, mit seiner unberührten Natur und im Gegensatz dazu Großstädten wie Stockholm oder Göteborg, bietet unvergessliche Eindrücke.

 

Allen, die mit dem Gedanken spielen, nach Schweden zu gehen, würde ich jederzeit dazu raten.  

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